Von Marco Jakob und Benedikt Lechtenberg
Ohne Steuern bleibt die Schule geschlossen, eilt die Polizei nicht zur Hilfe und greift der Sozialstaat arbeitslosen Menschen nicht unter die Arme. Steuern sind der Treibstoff einer funktionierenden und einer sozialen Demokratie. Allerdings halten internationale tätige Großunternehmen den Sprit viel zu lange schon für sich ein. Sie umfahren auf komplexen Wegen faire Steuerzahlungen. Mit einer globalen Mindestbesteuerung wollen die 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) ab 2020 endlich für mehr Steuergerechtigkeit sorgen – richtig so.
Steuern sind der Sprit für einen funktionierenden Staat
Oma Käthe zahlt ordentlich ihre Steuern und das schon seit Jahren. Mühselig sitzt sie an ihrer Steuererklärung. 6 Stunden und 20 Minuten investieren die Deutschen im Durschnitt in diesen Spaß. Aber was muss, das muss und schließlich finanziert der Staat damit öffentliche Aufgaben, die allen zu Gute kommen. Milliardenschwere Unternehmen entziehen sich jedoch ihrer gesellschaftlichen Verantwortung. Für den Staat und unsere Gesellschaft bedeuten das horrende Verluste. Da fehlt Treibstoff. Dabei benötigen wir Geld für eine nachhaltige Mobilität oder für gut ausgestattete Schulen. Wer also keine Steuern zahlt, macht sich dafür verantwortlich, wenn irgendwann der Motor nicht mehr läuft. Schließlich profitieren auch die Unternehmen, die Steuerzahlungen umgehen von der Infrastruktur des Landes, in dem sie Umsatz machen – und die Infrastruktur braucht Investitionen.
Milliardenumsatz – keine Steuern
Amamzon EU S.á.r.l. ist der luxemburgische Firmensitz des US-amerikanischen Online-Giganten. Wer in Deutschland bei Amazon kauft, hat diese Angabe auf seiner Rechnung. Und Rechnungen stellt Amazon zahlreiche aus. In den Jahren 2007 bis 2016 machte Amazon EU S.á.r.l einen Umsatz von rund 111 Milliarden Euro und erwirtschaftete einen Gewinn in Höhe von rund 475 Millionen Euro. Steuern zahlte Amazon allerdings nicht an die luxemburgischen Finanzbehörden, sondern das Großunternehmen erhielt sogar noch eine Steuergutschrift von 15 Millionen Euro. Diese asozialen Deals zwischen den luxemburgischen Behörden und dem Konzern sind 2014 dank der „Lux Leaks“ öffentlich geworden und 2017 forderte die EU-Wettbewerbskommission den Kleinstaat dazu auf, Steuern in Höhe von 250 Millionen Euro nachzufordern.
Richtige Schritte bei der G20-Konferenz
Amazon ist kein Einzelfall, wenn es um die Steuervermeidung geht. Dabei mangelt es den digitalen Großkonzernen wie Facebook, Apple und Google keineswegs an Geld. Hier müssen keine kleinen Mittelständler abdrücken, sondern Konzerne, die es sich leisten können. SPD-Finanzminister Olaf Scholz und sein französischer Amtskollege Bruno Le Maire haben daher schon 2018 ein richtiges Zeichen gesetzt und eine globale Mindestbesteuerung für international tätige Unternehmen der Digitalwirtschaft gefordert. Vor wenigen Tagen (Anfang Juni) haben sich darauf auch die Finanzminister der G20-Staaten im japanischen Fukuaka verständigt.Dabei soll sich die Besteuerung künftig weniger am Sitz der jeweiligen Firma orientieren, sondern daran, wo die Kundinnen und Kunden sind.
Faire Steuern europaweit
Die Pläne der G20-Staaten gehen aus unserer Sicht in die richtige Richtung. Es ist ein No-Go, dass sich milliardenschwere Unternehmen ihrer gesellschaftlichen Verantwortung entziehen. Wichtig ist, dass die steuerlichen Mehreinnahmen den Menschen zu Gute kommen. Damit können wir in schlaglochfreie Straßen, digital ausgestatte Schulen und einen besseren Nahverkehr investieren. Allerdings müssen wir bei der Umsetzung abwarten. Die Einführung einer europaweiten Digitalsteuer im vergangenen Jahr ist unter anderem am Widerstand Irlands gescheitert ist, wo Apple ansässig ist.
Was die G20-Staaten vorhaben, kann sich in Europa in weitere sinnvolle Regeln einfügen. Deutschland und Frankreich haben bereits den Vorschlag gemacht, dass die Bemessung der Körperschaftssteuer vereinheitlicht wird, damit auch EU-weit faire und gleichen Bedingungen herrschen. Innerhalb der EU werden bisher Körperschaftsteuern von 12,5 Prozent in Irland und bis zu 34,5 Prozent in Belgien festgesetzt. In Deutschland liegt der Wert bei 15%. Die Ermittlung der Bemessungsgrundlage erfolgt teilweise sehr unterschiedlich und in einigen Mitgliedsstaaten kommen noch zusätzliche Ermäßigungen hinzu. Mit der Vereinheitlichung der Bemessungsgrundlage kann die Europäische Union die Steuerflucht bekämpfen.
Druck machen für gerechte Steuern
Wir brauchen weiterhin Druck für die faire Besteuerung internationaler Großkonzerne. Ein Schritt in die richtige Richtung ist gemacht. Wenn nicht nur die Durchschnittsverdiener was in den Tank geben, sondern auch Amazon, Apple und Co, und die Mehreinnahmen in unsere Schulen, in Mobilität und einen starken Sozialstaat fließen, läuft der Laden.