Die Haushaltsberatungen des Kreises 2003

Sehr geehrte Frau Amend-Glantschnig, verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Uns wurde von der Landrätin ein vom Kämmerer erarbeiteter Haushalt vorgelegt, der schlüssig war, der ausgewogen in seinen Darstellungen war, der politisch verträglich war. Aber was ist daraus geworden? Wir haben das Schauspiel „Wie zerrupfe ich einen Haushalt?“ erlebt.

Ein Haushalt, der zurecht gestutzt wurde unter dem Argumentationsmantel des Sparens müssens. Zurecht gestutzt von einer schwarz-gelben Mehrheit, die sich nicht zu schade war, Einschnitte in grundlegenden sozialen Bereichen vorzunehmen und dabei anklagend nach Berlin und Düsseldorf zeigte. Herr Dr. Schmitz, Herr Dr. Terwie-sche, ist Ihnen eigentlich klar, dass, wenn Sie auf einen anderen zeigen, immer drei Finger Ihrer Hand auf Sie zurück zeigen? Will damit sagen, Sie sollten mit Klagen gegen andere vorsichtiger umgehen und hier vor Ort sehen, was Sie mit Ihren Streichungen anrichten. Mit einem vermeintlichen Sparprogramm, was den Namen bei genauer Betrachtung wahrlich nicht verdient!

Sie greifen massiv in den Sozial- und Bildungsbereich ein. Mit Auswirkungen, für Kommunen und ganze Bevölkerungsgruppen.
Sie streichen Mittel für Beschäftigung zusammen und Mittel für Integration von Menschen, die von Erwerbslosigkeit betroffen sind.
Sie erschweren Arbeitgebern den Entschluss, Erwerbslose einzustellen.
Sie belasten Kommunen mit ansteigenden Sozialhilfekosten, die zeitversetzt nach Wegfall der Mittel für Beschäftigungsoffensive und Integrationsprämien anfallen werden.
Sie kümmern sich einen Kehricht um die Sorgen der Kommunen! Obwohl Sie betonen, sich der Sorgen der Kommunen anzunehmen! Aber das Gegenteil ist der Fall. Scheinbare Entlastungen werden zu Belastungen! Aus welchem Grund sonst melden sich die Bürgermeister und mahnen die Beibehaltung der Projektmittel an!?

Sie schlagen allein erziehenden Frauen ins Gesicht,die statt Hilfe zu bekommen um wieder ins Arbeitsleben zurück zu finden, wieder in die Sozialhilfe gedrängt werden. Das war mal Ihr Antrag, Herr Dr. Schmitz, Frauen in solchen Notlagen zu helfen. Wir haben ihn gerne mit getragen. Den lassen Sie sich jetzt von dem „Schwanz“ FDP verwackeln. Und das nur, um an anderen Stellen Mehrheiten zu bekommen! Kuhhandel ist so was!

Sie wollen Mittel für dringenst notwendige Schulbaumaßnahmen noch nicht mal als Verpflichtungsermächtigung für 2003 einstellen, sondern schieben Beratungsbedarf vor! Dabei haben Sie schon im April gesagt, dass Sie Entscheidungen trotz Dringlichkeit erst in 2004 treffen wollen!
Sie nehmen – um es auch juristisch klar zu definieren – zusammen mit der FDP billigend in Kauf, dass an den Schulen für geistig behinderte Kinder in Moers und Hünxe die Raumsituation nicht den Notwendigkeiten entsprechend verbessert werden können.

Sie verweigern Jugendlichen eine Förderung im Bereich der Erziehungshilfe erst durch finanzielle – und als dies geklärt werden konnte – dann durch inhaltliche Mäkelei an der Konzeption, obwohl diese bis dahin unstrittig war. Und verweisen, um Zeit zu schinden, an den Fachausschuss. Als wäre da nie beraten worden! Dort war aber das mittlerweile bekannte CDU – Spiel genau anders herum: nicht entscheiden – Verweis in den Kreisausschuss/Kreistag. Hier wieder Rolle rückwärts: nicht entscheiden – Verweis in den Fachausschuss.

Wie lange soll dieser Eiertanz eigentlich gehen? Hoffen Sie darauf, dass sich das von selbst erledigt? So wie die Akten, die immer auf wundersame Weise unten im Stapel zu liegen kommen?

Sie verweigern sich dem Ehrenamt, Herr Dr. Schmitz, Herr Dr. Terwiesche! Dass die Freiwilligenzentralen nicht gerade zu den Kindern gehören, für die Sie gerne Alimente zahlen, brauchen Sie nicht zu betonen. Aber dass Sie zusätzliches ehrenamtlich entstandenes Engagement wieder zerschlagen wollen, ist schon heftig!
Wenn Sie die Ausführungen denn gelesen haben sollten, können Sie eigentlich nur zu dem zwingenden Schluss kommen, diese Arbeit fort zu führen. Wir haben dazu einen Deckungsvorschlag gemacht, wie dies zu finanzieren sei:
Der Ehrenamtspreis wird nur alle zwei Jahre verliehen! Was nützt ein Preis – außer der Landrätin zur Selbstdarstellung bei der Preisvergabe – den Ehrenamtlichen, wenn gleichzeitig ihr Einsatz verhindert wird?!
Sie behindern das von Ihnen so hoch gelobte Ehrenamt!

Sie tricksen , Herr Dr. Schmitz, Herr Dr. Terwiesche, tricksen mit Sperrvermerken!
Als würde auch nur ein VRR – Ticket verkauft, weil 100.000,- € mit Sperrvermerk im Haushalt stehen. Schon für den Haushalt 2002 haben Sie sich mit diesem Trick um ein deutliches Bekenntnis zu einem bürgerfreundlichen Tarif im Nahverkehr gedrückt. Zugegeben: Da habe auch ich Ihnen vertraut und habe dem für 2002 zugestimmt

Sie tricksen mit dem Sperrvermerk für Teile der Umlage für den Landschaftsverband Rheinland. Als könnte man damit um die Zahlung der Umlage herum kommen. Seit `99 hatten Sie mit Ihren Mehrheiten im Landschaftsverband Rheinland Zeit, Reformen fort zu setzen, die nicht zu diesen Notwendig-keiten hätten führen müssen. Wenn dann der Sperrvermerk aufgehoben werden muss, weil Sie sich in Köln nicht haben durch setzen können, kann man ja wieder auf andere schimpfen! Es ist ja so einfach!

Die Liste der Ungerechtigkeiten ließe sich von mir noch verlängern. Möchte ich mir aber ersparen.
Wir hätten uns viele Unstimmigkeiten ersparen können, wenn CDU und FDP dem Haushaltsentwurf gefolgt wären, einem Entwurf, den Ihre Landrätin uns vorgelegt hat.

Frau Amend-Glantschnig, wo ist statt dessen Ihr Einfluss auf Ihre CDU geblieben? Sie sind schlicht und ergreifend einfach abgetaucht. Sie haben an nicht einer Stelle erkennen lassen, dass Sie versucht haben, Ihren Haushaltsentwurf entscheidungsreif zu bekommen. Sie haben mit diesem Entwurf die richtigen Vorschläge gemacht, sind aber in entscheidenden Bereichen von der CDU zurück gepfiffen worden.
 Sie schlagen Umlageerhöhung vor – zurück gepfiffen!
 Sie schlagen Schulen online vor – zurück gepfiffen!
 Sie schlagen Kooperationsmaßnahmen Schulen/Jugendhilfe vor – zurück gepfiffen!
 Sie haben den Verbänden zugesagt, sich für die
Fortführung der Freiwilligenzentralen einzusetzen -zurück gepfiffen!
 Sie schlagen Vereinbarungen zur Personalübergabe
bei Trägerwechsel von Kreiseinrichtungen vor -zurück gepfiffen!

Sie spielen in den gegenwärtigen Haushaltsberatungen bei der CDU keine erkennbare Rolle; Sie sind mit Ihrer Position für die CDU bedeutungslos!
Warum haben Sie die CDU in deren Haushaltsklausur über die von Ihnen tags zuvor unterschriebene Haushaltsverfügung nicht informiert? Anders jedenfalls ist die Ahnungslosigkeit der CDU – deutlich geworden in verschiedenen Fachausschüssen – nicht zu erklären!
Sie halten sich selbst dann zurück, wenn Dr. Schmitz die Maske fallen lässt und aus wahltaktischem Kalkül in gekonntem Rollenspiel persönliche Angriffe auf Mitarbeiter Ihres Hauses völlig ungerechtfertigt startet. Ihre Aufgabe als Dienstherrin wäre es, sich schützend vor Ihre Mitarbeiter – egal welcher Besoldungsgruppe sie angehören – zu stellen und Ihre Verantwortung für Verwaltungshandeln zu übernehmen. So aber werden Sie Ihrer Aufgabe als Landrätin nicht gerecht!

Ich möchte noch einmal auf den Anfang meiner Rede kommen.
„Einsparungen sind notwendig, Kürzungen sind nicht zu vermeiden“, so CDU und FDP. „Die Kommunen dürfen nicht mit erhöhten Umlagen belastet werden“, so die CDU.
Wie hoch ist der Wahrheitsgehalt dieser Aussagen? Statistisch wird die Umlage um 1,8%-Punkte erhöht. Faktisch werden die Kommunen aber mit insgesamt 6,2 Mio. € weniger belastet als in 2002. Nachzulesen u.a. in der Pressemitteilung der Landrätin am 11.12.02 in der Rheinischen Post.

Die Schlussfolgerung daraus heißt, dass der Haushaltsentwurf durchaus „gemeinde–verträglich“ war und deshalb die Sparvorschläge der CDU eine plakative Politik zu Lasten der Menschen im Kreis Wesel bedeuten.
Die SPD hat dies erkannt und ist deshalb auch bei ihren Vorschlägen zum Haushaltsentwurf geblieben, einem Entwurf, dem wir auch hätten zustimmen können.
Diesem aber auf Grund der CDU/FDP-Einschnitte deutlich anders akzentuierten Haushalt werden und können wir nicht zustimmen.
Für uns stehen bei allen notwendigen Einschnitten Soziales und Bildung mit Vorrang als schützens-werte Güter ganz oben.
Die von uns auf Kreisebene zu leistenden Maßnahmen haben wir umzusetzen und nicht einem plakativen, kaum intelligent zu nennenden Sparverhalten zu opfern!
Wir fordern CDU und FDP auf: Lassen Sie sich beraten – bleiben Sie nicht beratungsresistent – kehren Sie einer Politik des sozialen Einschnitts den Rücken zu!
Wir fordern Sie Frau Amend-Glantschnig auf: Versuchen Sie Landrätin aller BürgerInnen zu sein– setzen Sie sich durch mit Ihren Vorschlägen – auch gegen Widerstände aus Ihren eigenen Reihen!

Glück auf!

Haushaltsrede zum Haushalt 2003 (SPD-Fraktionsvorsitzender G. Crefeld)